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28.11.2023

Stellungnahme zum Kreishaushalt 2024


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Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Bläse,

Sehr geehrte Frau Erste Landesbeamtin Seefried,

Sehr geehrter Herr Kreiskämmerer Kurz,

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushalt, den Sie sehr geehrter Herr Landrat für das Jahr 2024 hier in den Kreistag eingebracht haben, spiegelt ein derzeitiges Problem vieler öffentlicher Haushalte in unserem Land wieder.

Ein hohes (ca. 10 Mio. €) negatives Haushaltsergebnis, galoppierende Mehrausgaben (ca. 20 Mio. €) im Sozialhaushalt und hohe Schuldenaufnahmen (ca. 28 Mio. €). Das sind Zahlen, bei denen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen sollten. Wir müssen uns ganz grundsätzlich fragen, wo der Ostalbkreis in einem sich verändernden Land steht.

Klar ist, die Ostalb ist nach wie vor ein starker Landkreis. Die Steuerkraft bleibt mit 743 Mio. € auf einem Rekordhoch. Unser Landkreis ist weit davon entfernt, zu einem Problemfall zu werden. Zu stark sind nach wie vor schwäbischer Unternehmergeist und Innovationskraft der großen Firmen, die letztendlich unseren Kreis finanzieren.

Die Zeiten, in denen aus dem Vollen geschöpft werden konnte, sind dennoch ganz offensichtlich vorbei. Bund, Ländern und Kommunen haben in den vergangenen Jahrzehnten keinerlei Strukturreformen in den Sozialsystemen oder der völlig außer Rand und Band geratenen staatlichen Bürokratie vorgenommen. Stattdessen wurden die Probleme mit Doppel-Wumms und immer mehr Geld einfach zugeschüttet.

Dies schlägt auch auf den Haushalt des Ostalbkreis durch. Man muss kein Prophet sein um zu sehen: es werden schmerzhafte Einschnitte auf uns zukommen. Die Rundum-Versorgung eines aufgeblähten Sozialstaates wird zukünftig nicht mehr zu bezahlen sein – dies übrigens nicht erst seit das BVerfG vergangene Woche den Taschenspielertricks der Ampel-Regierung an der Schuldenbremse vorbei ein Ende bereitet hat.

 

  1. Der Ostalbkreis in einem sich veränderten Land

Der Ostalbkreis ist als untere Verwaltungsbehörde bei vielen Themen dazu verdammt auszuführen, was anderswo beschlossen wird.

Ein riesiges Problem ist dabei nicht nur, dass wir zwischenzeitlich neben den höchsten Steuern, den höchsten Lohnkosten nun auch noch die höchsten Energiepreise haben, sondern vor allem auch die immer weiter ausufernde Bürokratie in allen Lebensbereichen.

Der Normenkontrollrat hat in seinem Jahresbericht in dieser Woche klargemacht: die Folgekosten der Bürokratie in Deutschland belaufen sich für Wirtschaft, Verwaltung und Bürger auf 26,8 MRD Euro. Der größte Kostentreiber ist dabei laut NKR das unsägliche Heizungsgesetz.

Ein ganz persönliches Beispiel: ich habe vor kurzem den Antrag zum Elterngeld vorbereitet. Ich habe mich durch ein 100-seitiges Büchlein gelesen, durch unzählige Internetartikel und dann war ich mir immer noch nicht sicher, wie es am besten geht. Sogar für einen Juristen ein schweres gesetzliches Regelwerk. Mir ist von Rentnern bekannt geworden, die nach Antragstellung in 3 Monaten 3 verschiedene Rentenbescheide erhalten haben. Sogar der Mitarbeiter der Rentenversicherung konnte nicht recht verstehen wieso.

Die neuen Regelungen zur Kindergrundsicherung sind ein weiteres Beispiel, aber auch das Bundesteilhabegesetz machen deutlich, wie sich staatliche Verwaltung durch zu viele und komplizierte Vorschriften selbst lähmt. Es wäre ein Erfolg gewesen, wenn den Bedürfnissen von behinderten Menschen mit den hohen Mehrausgaben besser gerecht geworden wäre. Nach allem was man in der Umsetzung sieht, bleibt die Hilfe jedoch in einem Wust von Bürokratie stecken.

Wir müssen festhalten: aus gutgemeinten Gründen ufert unsere Bürokratie immer weiter aus.

Anstatt staatliche Regelungen abzubauen, Hilfsmaßnahmen zusammenzufassen und zu vereinfachen, wird ein bürokratisches Ungetüm nach dem anderen geschaffen.

Sehr gut gefällt uns ihr Ansatz, Her Landrat, im Landratsamt einmal selbst anzufangen und bürokratische Hürden zu überprüfen und abzuschaffen.

Wir möchten dies sehr gerne begleiten und beantragen,

im zweiten Halbjahr 2024 einen Sachstandsbericht zu den Maßnahmen des Landratsamts Ostalb zum internen Bürokratieabbau vorzulegen.

Viel ist dieser Tage von einer angeblich „notwendigen Transformation“ unserer Wirtschaft, von mehr staatlichen Eingriffen in die Unternehmen, die Rede. Wir stehen in unserem Land und im Ostalbkreis am Scheideweg: glauben wir an die Kraft der freien Marktwirtschaft, an Wachstum und Wohlstand für alle oder an eine staatlich gelenkte, dirigistische Wirtschaft.

Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass nur eine freien Marktwirtschaft Wohlstand für Alle schaffen kann. Nur wenn sich Leistung lohnt, wenn wir dann nicht denen neidig sind, die von ihrem Unternehmen leben können, dann floriert auch die Wirtschaft. Das Bürgergeld ist auf diesem Weg sicher kein brauchbares Mittel.

Unserer Auffassung nach hat unsere Wirtschaft im Übrigen keine strukturellen Probleme. Die Probleme sind aus Umweltschutzgründen hausgemacht. Und auch die Art und Weise wie Wirtschaftspolitik gemacht wird steht uns im Weg. Made in Germany stand bis vor kurzem für höchste Ingenieurskunst und beste Qualität. Deutsche Produkte waren weltweit begehrt und Exportschlager. Heute spricht man in der Welt zunehmenden davon, dass Produkte besser ohne deutsche Beteiligung hergestellt und eingekauft werden sollen. „German free“ statt Made in Germany; oder wie die Direktorin der Welthandelsorganisation kürzlich auf den Punkt brachte: „von China bekommen wir einen Flughafen, von Deutschland werden wir belehrt“.

Es wird Zeit, wieder Realpolitik zu machen – und keine Moralpolitik.

Wir müssen aufpassen, als Land nicht den Anschluss zu verlieren. Wir müssen aufpassen, nicht einen Irrweg einzuschlagen, den man vielleicht so zusammenfassen kann: Deutschland fährt Fahrrad, während der Rest der Welt zum Mond fliegt.

Wie also ein positives Bild von der Zukunft malen, wie Sie es Herr Landrat gefordert haben?

Wir glauben, dass wir als Land immer noch die Innovationskraft und das Know-How haben, den Wohlstand in unserem Land zu mehren und gute Lebensbedingungen für die Menschen zu schaffen. Der Ostalbkreis ist dafür das Beispiel wie es gehen kann. Landwirtschaft, Handwerk und Dienstleister Hand in Hand mit Industrie und Forschung.

Und wir müssen uns ehrlich machen. Die Zukunft liegt in der Halbleitertechnik und Medizintechnik, die hier bei uns auf der Ostalb heute schon führend weiterentwickelt werden. Die Zukunft liegt aber auch in digitalen KI- und Blockchain-Anwendungen, sie liegt in der Gentechnik, in einer Eroberung des Weltalls, in der Robotik, und bei vielen anderen Themen, wo wir vom Abstiegskandidaten endlich zum wieder zum Tabellenführer werden müssen.

 

  1. Aufgaben für unseren Kreis

Zudem müssen wir uns anhand der vorgeschlagenen Haushaltszahlen der Verwaltung für 2024 aber auch dringend die Frage stellen: wo haben wir auch hausgemachte Probleme? Wo können wir besser und schlagkräftiger werden?

a) UNION-Areal

Auf dem Union Areal soll in Bälde mit dem Bau eines zweiten Verwaltungsstandortes für die Kreisverwaltung begonnen werden. Mit ihm sollen alle bisher in der ganzen Stadt verteilten Verwaltungen an einem Standort in unmittelbarer Nähe des Landratsamtes konzentriert werden. Argument hierfür war neben der sicherlich sinnvollen Nutzung von Synergieeffekten auch die Erwartung, dass mit der zu erwartenden Mietersparnis auch ein nicht unerheblicher Beitrag zu Finanzierung des Neubaus geleistet werden kann. Das war sicher richtig zu der Zeit, als man noch von Baukosten von 30 – 35 Millionen € ausgegangen ist.

Zwischenzeitlich geht man allerdings ohne die (von der kreiseigenen Infrastrukturgesellschaft finanzierte) Park- und Mobilitätsstation von über 90 Mio. € aus. Da werden die Mietersparnisse mit Sicherheit nur einen kleinen Beitrag zur Gebäudefinanzierung leisten können. Das Raumprogramm des Gebäudes mit über 473 Arbeitsplätzen ist auch nie in Frage gestellt worden. Auch nicht von uns. Die Corona-Zeit mit sehr vielen Home-Office-Arbeitsplätzen hätte uns vielleicht Richtschur sein können um zu fragen, wie viele Stellen mit Publikumsverkehr zwingend notwendig sind. Jetzt ist es für eine Umplanung, nachdem die ersten Ausschreibungen auf den Weg gebracht wurden, sicherlich zu spät.

b) Kliniken

Was die Situation der Krankenhäuser anbetrifft, sind wir mangels Fraktionsstatus leider nicht über jede Einzelheit informiert. Wenn wir aber in dem (allen Kreistagsmitgliedern dankenswerterweise zur Verfügung gestellten) Benchmark–Vergleich mit anderen Landkreisen lesen, dass der Nettoressourcenbedarf der Krankenhäuser je Einwohner im Ostalbkreis absolute Spitzenwerte erreicht und zum Teil ein Vielfaches der anderen Landkreise ausmacht, dann zeigt dies überdeutlich, dass das Riesendefizit unserer Krankenhäuser hausgemacht ist und sich nicht mit den schlechten Rahmenbedingungen, unter welchen alle Krankenhäuser leiden, erklären lässt. Gotthold Ephraim Lessing hat schon vor Jahrhunderten erkannt, dass man nicht Koch sein muss, um zu sehen, dass die Suppe versalzen ist. Also können wir uns dieses Urteil als Nichtmitglieder des Krankenhausausschusses so denke ich auch erlauben.

Und wenn wir dann zu Beispiel von Privatpatienten der Krankenhäuser hören, dass sie die Rechnung für ihre Behandlung ein dreiviertel Jahr nach Abschluss der Behandlung erhalten haben – es ging in diesem Fall um immerhin 7.000.-- €- so zeigt dies, dass manche den Ernst der Lage in unseren Kliniken noch nicht erkannt haben.

Deshalb genügt es nicht, den Neubau eines Regionalversorgers als Allheilmittel anzusehen. Es muss sich auch in den Köpfen von so manchem etwas bewegen.

Was den Standort eines künftigen Regionalversorgers anbetrifft, so hat man den Eindruck, dass hier die Kirchturmpolitik sicher bei vielen eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Allein von Bedeutung sollten objektivierbare Kriterien sein und es sollte niemand das Gefühl haben bei der Standortfrage über den Tisch gezogen worden zu sein.

Wie die sehr erfolgreichen Jubiläumsfeierlichkeiten zum fünfzigjährigen Bestehen des Ostalbkreises gezeigt haben, ist dieser in diesen Jahren zu einer von Allen akzeptierten Einheit zusammengewachsen. Es wäre mehr als schade, wenn diese Einheit durch eine Entscheidung, die ein erheblicher Teil der Bevölkerung des Kreises nicht mittragen könnte, Risse bekommen würde. Deshalb ist es ganz wichtig, die Entscheidung allein auf objektive, von den Bürgern nachvollziehbare Kriterien zu stützen.

c) ÖPNV und SPNV

Sehr positiv stimmt uns der angekündigte Ausbau des überregionalen Schienenverkehrs – bei dem die Besuche des Staatssekretärs Theurer im Kreis sicher nicht geschadet haben. Der bessere und häufigere Takt der Verbindungen nach Berlin, Leipzig und Nürnberg, auch die Anbindung Ellwangens an den IRE nach Stuttgart, sind für die Attraktivität unserer Region ein wichtiger Schritt.

Wenn es dann noch, wie Sie Herr Landrat in Ihrer Haushaltsrede angedeutet haben, in absehbarer Zeit einen Durchbruch für den Ausbau der Brenzbahn geben sollte, dann haben wir auf der Ostalb im Bereich des Schienenverkehrs wirklich etwas wortwörtlich Bahnbrechendes erreicht, woran fast niemand mehr geglaubt hat. Es gilt weiter beharrlich und konsequent an der Realisierung dieses Projekts zu arbeiten.

Weniger hoffnungsfroh stimmt uns der Zustand des ÖPNV und des Verkehrsverbundes OstalbMobil. Wir meinen, dass der Prozess „Mobilität neu denken“ mit einem Verkehrsverbund gescheitert ist.

Unsere ehrliche Analyse ist: wesentliche Besserungen haben wir nicht erreicht. Nach wie vor ist die Nachfrage nach dem Busverkehr im ländlichen Raum bei weitem zu klein. Das Angebot und die Taktung sind dabei oft gar nicht so schlecht. Wir müssen aber doch zur Kenntnis nehmen, dass die Menschen, wenn es irgendwie geht, lieber schnell und flexibel mit dem eigenen Auto fahren.

Noch mehr ÖPNV, noch mehr Buse, noch mehr Linien, bedeuten nicht mehr Fahrgäste. Im ländlichen Raum wohnen oft gar nicht so viele Menschen, dass die Buse voll fahren können. Weiter sind wir überzeugt, dass auch billigere Tickets nicht zu mehr Fahrgästen führen. Die Einführung des 49 € Tickets hat dies belegt. Es wird vor allem von den Leuten genutzt, die bereits sowieso schon viel mit Bus und Bahn fahren. Die Wirkung im ländlichen Raum verpufft.

Gleichzeitig gibt es dann durchaus aber auch Linien, z.B. in den Kreisstädten, die stark nachgefragt werden.

Es macht Sinn, sich die Grundlage unseres Handelns nochmals bewusst zu machen. § 5 ÖPNVG regelt: Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr ist eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge. Laut § 6 des Gesetzes regeln wir als Landkreis diese freiwillige Aufgabe in eigener Verantwortung – das heißt auf Deutsch: wir als Kreistag entscheiden selbst welchen ÖPNV wir wollen, was er kosten soll und was er leisten muss.

Unsere Aufgabe als Landkreis definieren wir als Freie Demokraten deshalb hybrid: die Linien sollen ausgeschrieben werden. Dort wo sie wirtschaftlich betrieben werden können, sollen sie von den Unternehmen mit den besten Angeboten betrieben werden. Auf Linien, wo keine Angebote auf eine Ausschreibung eingehen oder schlichtweg kein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist, sorgt der Landkreis für eine Grundversorgung mit öffentlichem Nahverkehr mit angemessenem Takt wie bisher.

Damit könnten wir alle Menschen mit ausreichendem Angebot an Mobilität versorgen und könnten die Praxis beenden, immer mehr Geld in ein nicht funktionierendes, innovationsfeindliches und träges System zu geben.

Wir beantragen deshalb,

die Landkreisverwaltung soll eine Ausschreibung der Linien für den öffentlichen Nahverkehr im Ostalbkreis vorbereiten.

Abschließend möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landkreises, der Krankenhäuser und der GOA für die im Jahr 2023 geleistete und sicher nicht immer einfache Arbeit danken. In vielen Punkten halten Sie den Kreis hervorragend am Laufen.

Ich danke Ihnen Herr Landrat Dr. Bläse und Ihnen Herr Kreiskämmerer Kurz für Ihre Arbeit.

Die Freien Demokraten werden dem Haushalt zustimmen.

 


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