Stellungnahme zum Haushalt der Stadt Aalen 2024
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Brütting,
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Steidle,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Ehrmann,
Sehr geehrter Herr stellv. Kämmerer Barth,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
Sehr geehrte Damen und Herren,
*kursiv gehaltenes wird aus Zeitgründen evtl. nicht mündlich vorgetragen, sollte aber dringend gesagt werden.
Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, sind allesamt sehr engagierte und arrivierte Mitglieder der Aalener Stadtgesellschaft – eine Eigenschaft, die ich für mich selbst nicht in Anspruch nehmen kann. Kurz vor dem Ende der Wahlperiode durfte ich als Nachrücker des Nachrückers dieses schöne Amt nun noch annehmen und heute hier vor Ihnen mit einer Haushaltsrede ausfüllen.
Von allen Fraktionen und auch von der Stadtverwaltung sind Herr Stadtrat Köninger und ich sehr freundlich empfangen worden. Ich bedanke mich für die Geduld, die Sie mit uns Neulingen hatten und haben.
Bitte gestatten Sie mir an dieser Stelle, zuerst an Frau Stadträtin Ilse Schmelze zu erinnern, die unseren Sitz im Gemeinderat errungen hat. Ilse hat liberale Politik im Stadtrat und der Stadtgesellschaft in Aalen mit Klugheit und Witz über Jahrzehnte geprägt. Ihre Persönlichkeit fehlt uns sehr, seit sie dieses Jahr viel zu früh verstorben ist. Ihr gilt unser großer Dank.
Natürlich bin ich aber auch viel zu sehr Kommunalpolitiker, um nun nicht die Gelegenheit zu nutzen und Punkte zur Sprache zu bringen, die uns als FDP-Gruppierung im Gemeinderat wichtig sind.
Die Kennziffern des vorgelegten Haushaltes sind für 2024 durchweg schlecht. Ein hohes negatives Haushaltsergebnis (ca. 7 Mio. EUR). Eine Kreditermächtigung von 28 Mio. EUR. Eine fast exponentielle Verschuldung bis 2027 von 34,6 Mio. EUR auf 96,7 Mio. EUR. Wenn wir dann noch sehen, dass das Gesamtsteueraufkommen mit 174,1 Mio. EUR mit 8 Mio. EUR höher veranschlagt wird als 2023, dann müssen diese Zahlen ein dringender Weckruf für eine viel stärkere Haushaltsdisziplin sein. Die Stadt Aalen hat ein Ausgabenproblem.
Die Gewerbesteuereinnahmen sind nämlich 2023 glücklicherweise mit 51 Mio. EUR nicht eingebrochen und dürften auch 2024 auf stabilem Niveau bleiben.
Sicher dürfen wir an den notwendigen Investitionen nicht sparen. 14 Mio. EUR für den Grunderwerb unterstützen wir als FDP ausdrücklich. Hier liegt ein Potential für zukünftige Einnahmen.
Wir unterstützen die Stadt auch bei den von Ihnen Herr Oberbürgermeister skizzierten Investitionen in die Schulen und Kitas. Investitionen in die Bildungseinrichtungen sind Investitionen in unser aller Zukunft und haben für uns die höchste Priorität.
Wenn man sich die öffentliche Debatte abseits von trockenen Zahlen anschaut, möchte ich aber ein Wort zu einem Thema verlieren, dass mich mit großer Sorge erfüllt.
Die Politik, gerade in den kommunalen Gremien, lebt von der Debatte. Die Meinungsfreiheit ist eine Grundfeste im demokratischen Austausch. Sie gilt mit ganz wenigen Einschränkungen absolut.
Viele von Ihnen, auch ich, sind in den 80er und 90er Jahren am Samstagabend mit Thomas Gottschalk und „Wetten, dass…?“ groß geworden. Diesen Samstag hat dieser allseits beliebte Moderator vor einem Millionen Publikum erklärt, dass er auch deshalb nicht mehr öffentlich auftreten will, weil er nicht mehr frei reden kann. Mich macht das sehr nachdenklich. Ich möchte in einem Land leben, in dem niemand Angst hat seine Meinung zu sagen (abgesehen von rassistischen oder antisemitischen Äußerungen). Wir müssen lernen andere Meinungen wieder auszuhalten. Wir müssen als Gesellschaft damit aufhören, Andersdenkende einfach wegcanceln zu wollen und Debatten wieder in der Mitte der Gesellschaft zu führen. Wir müssen wieder lernen, uns nicht gegenseitig das Schlechteste zu unterstellen. Wir brauchen eine Streitkultur, einen Austausch von Argumenten. Machen wir es nicht innerhalb der demokratischen Parteien, dann machen es die immer weiter erstarkenden politischen Ränder.
Deshalb finde ich es wirklich schade, dass unser Antrag auf Einhaltung der deutschen Amtssprache durch die Stadtverwaltung von manchen als „populistisch“ und „spalterisch“ bezeichnet wurden. Die Menschen bewegt, was mit ihrer Sprache passiert. Wo, wenn nicht hier in diesem Gremium, müssen wir und Sie, Herr Oberbürgermeister, uns diesem Thema stellen. Deshalb, bitten wir darum, diesen Antrag von Amts wegen als eigenen Punkt zur Abstimmung auf die Tagesordnung zu nehmen – und nicht etwa unter „Sonstiges“ abzumoderieren.
- Bauleitplanung / Wohnraum
Nicht erst seit der Zeiss-Neuansiedlung in Ebnat wissen wir, dass Aalen eine wachsende Stadt ist. Die schönen grünen Ostalb-Hügel bieten attraktive Lebensbedingungen. Sie Herr Oberbürgermeister und ich als Exil-Härtsfelder wissen ganz genau, dass im sonnigen Aalen mit viel weniger Nebel und Schnee zu rechnen ist.
Eine wachsende Stadt bedeutet aber auch, dass wir dringend mehr Wohnraum benötigen – und zwar bezahlbaren und auch gehobenen. Bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplanes müssen wir dafür die geeigneten Flächen einplanen. Die Idee der Stadtverwaltung zur Aktivierung von bestehendem Wohnraum im städtischen Innenraum finden wir sehr gut. Wir werden – so ehrlich müssen wir uns machen - sowohl in Aalen als auch in den Ortsteilen mehr Platz auf der grünen Wiese benötigen.
Bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne werden wir uns für eine Entbürokratisierung einsetzen. Viel zu viele Auflagen haben die Preise fürs Bauen für viele Interessenten unattraktiv gemacht. Wir setzen uns hier für mehr Selbstbestimmung der Grundstückskäufer ein und meinen auch, dass dazu die Erreichbarkeit des eigenen Grundstückes mit dem eigenen Auto gehört.
Wir Freien Demokraten halten übrigens auch überhaupt nichts davon, dass das Einfamilienhaus zum Feindbild erhoben wird. Wir wollen, dass dieser urschwäbische Traum vom eigenen Häusle weiterlebt und nicht in einer Gleichmacher-Ideologie begraben wird.
- Klimaschutz / Wärmeplanung
Beim Klimaschutz, aber auch bei vielen anderen Themen muss die Politik darauf achten, nicht mit Symbolpolitik falsche Erwartungen und Hoffnungen in der Bevölkerung zu wecken.
Wenn die Politik – und dazu gehört auch unser Gemeinderat - Lösung verspricht, die sie nicht liefern kann, erweist man dem eigentlichen Thema einen Bärendienst. Es ist dem Weltklima sicher nicht gedient, wenn wir in Aalen mit dem Geld der Bürger in privaten Gärten die Bepflanzung finanzieren. Damit macht man dem einen oder anderen sicher eine Freude, die Gärten auf der Ostalb waren aber auch vorher schon wunderbar bepflanzt. Auch mit Balkon-Solarzellen, werden wir sicher keine nennenswerte Wirkung entfalten. Dazu sind die Balkon-Zellen viel zu leistungsschwach. Der klammen Stadtkasse hingegen wäre mit einer Absetzung solcher unnötigen Ausgaben gleich geholfen
Wir glauben auch, dass es sehr viel nachhaltiger ist, wenn wir die Straßenbeleuchtung wie bisher geplant sukzessive auf LED-Lampen umrüsten. Eine Erhöhung der Grundsteuer für diesen Zweck, lehnen wir ganz klar ab. In einem Land, in dem die Steuerlast für die Bürger bereits auf Rekordniveau ist, ist eine solche Maßnahme schlichtweg nicht zumutbar.
Es gibt aber einen Punkt, bei dem wir als Stadt Aalen für den Klimaschutz einen richtig großen Schritt nach vorne tun können: nämlich im Bereich der kommunalen Wärmeplanung.
Grundsätzlich ist es ein Armutszeugnis, dass der Bund mit dem Heizungsgesetz nun den Kommunen die Planung zuweist, obwohl hier weder das Personal noch die Mittel für die Wärmeplanung vorhanden sind. Die Menschen sind durch das Heizungsgesetz massiv verunsichert worden. Manch einer weiß nicht, ob er sich das Heizen oder eine Umrüstung morgen noch leisten kann.
Mit einer starken Energieleitplanung kann die Stadt Aalen hier zumindest ein wenig Abhilfe schaffen. Wenn wir hier eine Vorreiterrolle übernehmen und klug vorangehen, können wir einen wirklichen Impact im Thema Klimaschutz schaffen.
Die Stadtverwaltung hat die Energieleitplanung bereits begonnen. Wir meinen, dass es sich bei diesem Thema lohnt richtig anzupacken. Wir wünschen uns, dass die Stadt hier alle zur Verfügung stehenden Ressourcen der Verwaltung und der Stadtwerke zum Wohl der Bürger nutzt.
Die Menschen haben kein Verständnis, weshalb z.B. beim Anschluss neuer Wohngebiete ans Wärmenetz, die umliegenden Wohngebiete nicht mit abgefragt werden, obwohl die Straßen bereits aufgegraben wurden.
Wir beantragen deshalb,
- dass die Stadtverwaltung bei allen zukünftigen Tiefbaumaßnahmen, wie etwa dem Ausbau der Ziegelstraße, den Ausbau von Nah- und Fernwärmeversorgung mit prüft.
- bei den Anwohnern und umliegenden Wohngebieten eine Ausweitung des Wärmenetzes abzufragen, wenn Tiefbaumaßnahmen durchgeführt werden und Wärmeleitungen verlegt werden.
- in diesem Zug dann auch Anschlusswünsche zu ermitteln und auch die mglw. private Finanzierung zu prüfen.
- Gleichzeitig beantragen wir auch in bestehenden Wohngebieten zu prüfen, wo Potentiale für einen einfachen Anschluss an das Nah- und Fernwärmenetz bestehen.
- Tiefbau und kommunaler Straßenverkehr
Ein weiteres Anliegen ist uns, dass die Stadt sich ganz grundsätzlich auch auf ihre wichtigen Pflichtaufgaben zurückbesinnt. Wir glauben, dass der Ausbau und der Erhalt der kommunalen Straßen dringend verbessert werden muss.
In der Stadt gibt es viele marode Straßen. Man denke etwa an die Carl-Zeiss-Straße, die Industriestraße oder viele anderen kleine Straßen in den Teilorten und Wohngebieten.
Wir dürfen nicht damit zufrieden sein hier immer nur Löcher zu stopfen. Wir brauchen für sämtliche Art der Mobilität, egal ob PKW, Bus, Fahrrad oder zu Fuß, gute Straßen. Für uns ist dies übrigens auch ein Gebot der Verkehrssicherheit.
Wir beantragen,
einen detaillierten Bericht über den Zustand der kommunalen Straßen mittels einer technischen Untersuchung durch ein Messfahrzeugs mit präziser Abbildungstechnik bis Ende 2024 dem Gemeinderat vorzulegen.
So geben wir unserem Gremium die Entscheidungsgrundlage, um den Handlungsbedarf bei Sanierung und Neubau des kommunalen Straßennetzes richtig beurteilen zu können.
Wenn ich vorher beim Thema Klimaschutz angemahnt habe, dass Symbolpolitik gefährlich für das Vertrauen in die Politik im Allgemeinen ist, gilt das übrigens auch bei der Verkehrsplanung.
Aus gutem Grund wird in unserem Land auf die Entscheidungen von repräsentativen Parlamenten, wie dem Gemeinderat, vertraut. Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind demokratisch gewählt und zur Entscheidung berufen. Ich meine, dass man diese Entscheidungen dann auch selbstbewusst treffen sollte.
Bürgerbeteiligung kann sicher eine gute Ergänzung zu demokratischen Entscheidungen sein. Die Bürgerbeteiligung ist aber keine Vorentscheidung, sie legitimiert nicht das eine oder das andere – und hier muss man nach meiner Meinung als Mandatsträger differenzieren. Als Gemeinderat ist man zum Wohle aller verpflichtet, für die beste Lösung im Sinne des Gemeinwesens und nicht etwa dem Interesse einer lauten Bevölkerungsgruppe mit Partikularinteresse.
Die von der Stadt und dem Gremium mehrheitlich für den Albaufstieg der B19 von Unterkochen nach Ebnat vorgeschlagene Vorzugsvariante 32.4 ist eine Lösung die niemals realisiert werden kann. Hier hätte ich mir eine bessere Differenzierung gewünscht.
Wenn wir vom Albaufstieg sprechen, denken wir aber auch an die Schättere-Trasse. Wir befürworten hier endlich eine Öffnung des Tunnels für Radfahrer und Fußgänger. Die Trasse ist wegen ihrer geringer Steigung und ihrer wunderschönen Route ideal, um endlich durchgängig benutzt zu werden. Wir befürworten endlich eine Öffnung des Tunnels für Radfahrer und Fußgänger. Hier muss endlich eine Entscheidung herbeigeführt werden.
- Lebendige Innenstädte in der Kernstadt und den Teilorten
Wenn wir über die Straßen und den Verkehr in unserer Gemeinde sprechen, müssen wir auch über eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt, auch mit dem Auto, sprechen.
Mit dem Umbau der Stuttgarter Straße meinen wir, dass die Erreichbarkeit der Innenstadt in Aalen nicht gerade einfacher wird. Mit dem Wegfall der innenstadtnahen Parkflächen im Östlichen Stadtgraben und am Rathaus, wird auch der Parkraum weiter verknappt.
Wir alle wollen eine lebendige Aalener Innenstadt. Wir wollen Unterhaltung, Geschäfte und Cafés. Eine lebendige Innenstadt hängt vor allem auch mit der Erreichbarkeit zusammen. Die Innenstadt lebt nicht nur vom Nahbereich der Kernstadt, sondern von den Stadtteilen und weit darüber hinaus dem gesamten ländlichen Raum in Ostwürttemberg. Die schöne Aalener Innenstadt ist ein wichtiger Unterhaltungs- und Versorgungsraum von Ellwangen, Bopfingen, Neresheim bis nach Heidenheim.
Wer meint, dass diese Menschen mit Fahrrad, Bus und Bahn zum Einkaufen fahren, der irrt. Die Innenstadt wird für den Einzugsraum nur mit den notwendigen Parkflächen attraktiv bleiben. Wir wollen an dieser Stelle keinen weiteren Antrag stellen, aber die Stadtverwaltung doch auffordern, ein Konzept zu entwickeln, wie mehr innenstadtnaher Parkraum geschaffen werden kann.
Dies kann natürlich nur ein Punkt für die Belebung der Innenstadt sein. Wenn wir uns weniger Leerstand und mehr attraktives Angebot an Geschäften, Cafés und Restaurants wünschen, dann müssen wir zuerst einmal feststellen, dass es nicht die Stadt ist, die unternehmerisch tätig werden kann. Die Stadt kann nur gute Rahmenbedingungen schaffen.
Hier sind Ideen und Kreativität der Menschen gefragt, vor allem aber auch Geschäftssinn und Unternehmergeist. Wir brauchen Menschen, die unternehmerisch tätig werden, die auch bereit sind ein unternehmerisches Risiko einzugehen. In einem Land mit einer absurden Steuerbelastung und einer außer Kontrolle geratenen Bürokratie, sind dies immer weniger Menschen.
Durch Personalmangel und eine Neidkultur wird diese Situation nochmal schwieriger. Wer ein Geschäft eröffnet, muss vor allem auch scheitern dürfen. Häme, wie etwa kürzlich bei der „Etage 7“, kommt dabei immer von den Menschen, nicht einmal wissen, wie man eine GmbH gründet.
Wenn wir als Stadt gute Ideen fördern wollen, dann schlagen wir als Freie Demokraten folgendes vor:
Wir wollen gemeinsam mit dem Gemeinderat, dem ACA und der Wirtschaftsförderung der Stadt einen Wettbewerb entwickeln, bei dem gute Geschäftsideen in der Innenstadt in Aalen und den Teilorten unterstützt werden, wenn damit Leerstände gefüllt werden.
Wir beantragen,
- die Wirtschaftsförderung der Stadt Aalen soll gemeinsam mit dem ACA einen Wettbewerb für Ideen zur Belebung der Innenstadt ins Leben rufen.
- Eine gemeinsame Jury von Stadt, Gemeinderat und ACA entscheidet über eingehende Bewerbungen.
- Wird ein Konzept prämiert, startet die Suche nach einem Ladenlokal. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Aalen mietet es zu einem Preis der Altmiete von 70 % an. Die Gewinner zahlen dann die weiteren 30% der Miete. Die Förderung endet nach einem Jahr.
- Für den Haushalt 2024 werden für den Leerstands-Wettbewerb EUR 50.000 eingestellt.
Diesen Antrag verstehen wir als Vorschlag und Diskussionsgrundlage, der gerne im Prozess weiterentwickelt und angepasst werden kann. Auch Fördermittel wären entsprechend zu prüfen.
Am Ende danke ich Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und ihrem ganzen Team der Stadtverwaltung für die geleistete Arbeit. Trotz mancher Kritik finden wir, dass die Stadtverwaltung die Stadt sehr gut am Laufen hält.
Wir freuen uns auf gute Haushaltsberatungen.
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